Interview mit Michael Stock

Interview mit Michael Stock

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

der Weggang von Michael Stock verursacht, für die Übergangszeit bis zur abgeschlossenen Neuwahl und des Amtsantritt des dann neu gewählten Bürgermeisters, zusätzliche Herausforderungen für alle Beteiligten, in erster Linie für die Verwaltung, aber auch für den Rat und letztlich auch für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt.
Unser Ratsherr Wolfram Ferse verteilt in regelmäßigen Abständen in seinem Wahlkreis Beeckerheide, Beecker Wald eine “Wahlkreis-Info” mit aktuellen Themen aus dem Rat und seiner Fraktionsarbeit.
In der aktuellen “Wahlkreis-Info-extra” informiert er, welche kommunalpolitischen Aufgaben unabhängig von dem anstehenden Amtswechsel auf der Tagesordnung stehen und wie sie bearbeitet werden können. Dazu hat er ein Exclusiv-Gespräch mit dem Bürgermeister Michael Stock geführt, welches wir Ihnen hier gerne zur Verfügung stellen.

Ratsherr Wolfram Ferse im Gespräch mit Bürgermeister Michael Stock.

Anfang Juli 2023 im Rathaus Wegberg

Wolfram Ferse:
Du bist jetzt seit 2014 Bürgermeister der Stadt. Eine solange Amtszeit hatte vor Dir nur Hedwig Klein. Frau Klein war in ihrer Amtszeit sowohl ehrenamtliche Bürgermeisterin als auch ab 1999 hauptamtliche Bürgermeisterin. Was bedeutet das in der Arbeit? Was hat sich durch den Wegfall der kommunalen Doppelspitze (Stadtdirektor und Bürgermeister) geändert?
Michael Stock:
Der Wegfall der Doppelspitze hat die Aufgaben vereint, die vorher von zwei Personen übernommen worden sind. Wenn man so will, gibt es jetzt einen Stadt-direktor, der die Ratssitzung leitet und die Stadt repräsentiert, oder einen Reprä-sentanten, der gleichzeitig eine Verwaltung leitet. Dadurch sind die Aufgaben des Bürgermeisters sicherlich umfangreicher und vielfältiger geworden.
Wolfram Ferse:
Als Bürgermeister bist Du der Chef der gesamten Stadtverwaltung und Du leitest daneben auch ein eigenes Dezernat, u.a. mit den Fachbereichen Zentrale Verwaltungssteuerung und Finanzwirtschaft. Wieviel Zeit nehmen diese Aufgaben neben den anderen Anforderungen an einen Bürgermeister in Anspruch?
Michael Stock:
Das kann man kaum in Stunden oder Anteilen ausdrücken. Bei dieser Frage gebe ich meistens folgende Antwort: Als Bürgermeister habe ich im Grunde drei Aufgaben: Leitung der Verwaltung, Leitung des Rates und Repräsentation der Stadt Wegberg innerhalb und außerhalb. Eine klassische Drittelung machte es aber keiner Aufgabe gerecht. Deswegen gibt es Zeiten, da ist die politische Auf-gabe im Vordergrund, und Zeiten, da steht Personalführung und Dezernenten-tätigkeit im Focus. Letztlich ist es klar, dass das Amt des Bürgermeisters nicht von Montag bis Freitag und von 9.00 bis 17.00 Uhr zu bewerkstelligen ist.
Wolfram Ferse:
Wir haben eben von der Verwaltung gesprochen. Nun gibt es immer Klagen darüber, dass alles viel zu langsam geht in Verwaltungen. Kannst Du bitte einmal
an einem Beispiel aufzeigen, was alles bedacht, geplant, geprüft werden muss, um endlich zu einer Entscheidung im Rat oder einer Genehmigung für einen Bürger zu gelangen?

Michael Stock:
Jeder Fall ist anders und deswegen fällt es mir schwer, ein Beispiel für ein allgemeines Thema zu nennen. Insgesamt gilt aber natürlich, dass der Rat bei seinen Entscheidungen ein Recht darauf hat, über Sachverhalte zu entscheiden, die sorgfältig vorbereitet sind. Und dazu gilt es in erster Linie alle Zahlen, Daten und Fakten zusammenzutragen. Dazu wird es aber immer wichtiger, auch alle Beteiligten, Positionen und Perspektiven einzubeziehen und richtig zu gewichten. Das nimmt zunächst einmal innerhalb der Verwaltung Zeit in Anspruch. Und dann kommt es immer wieder vor, dass der Rat eine bestimmte Perspektive anders gewichtet oder gar ganz vermisst. So entstehen dann meistens „Ehren-runden“, die den gesamten Prozess aufhalten.
Aber am Beispiel der Entwicklung neuer Baugebiete lässt sich recht gut auf-zeigen, wieviel Arbeitsschritte und damit Bearbeitungszeit vor einer Beschluss-fassung notwendig sind. Es werden zahlreiche Behörden und „Träger öffentlicher Belange“ um Anregungen und Stellungnahmen gebeten. Das waren z.B. beim aktuellen Bebauungsplan in Harbeck 22 verschiedene Einrichtungen, darunter die Immissionsschutzbehörde, die Naturschutzbehörde und die Wasserbehörde des Kreises, der Geologische Dienst, der Kampfmittelbeseitigungsdienst, die Tele-kom und die NEW, die Landwirtschaftskammer und der NABU usw. Hinzu kamen 15 Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit. Das alles muss erstellt, zusam-mengefasst, bewertet und darüber befunden werden. Das kostet Zeit und bewirkt eventuell eine zu verändernde Planung. Und dann geht es wieder von vorn los.
Bei den verwaltungsinternen Verfahrensabläufen arbeiten wir kontinuierlich an Verbesserungen, insbesondere bei der Digitalisierung. Dennoch kommt es hin und wieder zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen. Das hat viele Gründe. Ein Hauptgrund ist sicher, dass die Kolleginnen und Kollegen bei der Bearbeitung oftmals Prioritäten setzen müssen bei stetig wachsenden Aufgaben, wie zuletzt bei der Bearbeitung der Wohngeldanträge.
Wolfram Ferse:
Welchen Spielraum gibt es für einen Bürgermeister neben der Beachtung von rechtlichen und finanziellen Rahmen, auch politische Akzente zu setzen? Wie z.B. sozialpolitisch oder ökologisch kann ein Bürgermeister sein?
Michael Stock: Als Bürgermeister habe ich mich immer als Impulsgeber verstanden. Allein kann der Bürgermeister nur in begrenztem Umfang agieren. Die politischen Grundsatzfragen entscheidet der Rat. Ich kann aber einen Anstoß geben, sozial-politische Faktoren bei den Entscheidungen einzubringen oder die Verwaltung auch personell so aufzustellen, dass Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit mehr Raum einnehmen.
Wolfram Ferse: Oder zugespitzter: Ist man als Bürgermeister eher Moderator oder Verwaltungschef mit eigenen politischen Visionen?
Michael Stock:
Beides!
Wolfram Ferse:
Ich komme aus dem Wahlkreis Beeckerheide, Beecker Wald. Das ist eine sehr attraktive Wohngegend, in schöner Umgebung mit dem Beecker Wald und dem Biotop Am Grüngürtel, mit guter Verkehrsanbindung und einer für die Wohngegend typischen Mischbebauung aus Mehrfamilienhäusern, Einzel- und Doppelhäusern. Was kann getan werden, dass das so bleibt – ich denke an eine immer wieder erwähnte Nachverdichtung der Wohngebiete bzw. Schutz der vorhandenen Natur?
Michael Stock:
Für die Entwicklung einer Stadt ist es wichtig, die planungsrechtlichen Möglichkeiten auszureizen. Dazu gehört es auch, dass an den Stellen gebaut werden darf, die dafür im Flächennutzungsplan ausgewiesen sind. Gleichzeitig bietet der Plan auch die Sicherheit, dass an den anderen Stellen nicht gebaut werden soll. So ist es auch für den Bereich um den Beecker Wald und die Grün-züge dort vorgesehen, keine weitere Bebauung zu ermöglichen. Diese Grünzüge bilden die grüne Lunge der Stadt. Dies hat nicht zuletzt das Gutachten zum Masterplan in der Innenstadt bestätigt.
Wolfram Ferse:
Ich bedanke mich für das Gespräch.

Über den Autor

SPD-Wegberg (mb) administrator

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